2022
14. Nonfiktionale: DER GUTE TON
Der Ton macht nicht nur die Musik, sondern auch den Film. Während das Bild gleichsam an der Haustür klingelt, wie es der Filmeditor und Sound Designer Walter Murch formulierte, schleicht sich der Ton durch die Hintertür herein. Und er modelliert das flache Bild hin zu einem filmischen Raum.
Klänge und Atmosphären, Geräusche und Musik stehen als zentrale Gestaltungsmittel im Zusammenspiel mit der Bildebene. Das Sound Design kann mit den Bildern verschmelzen oder gezielt Kontrapunkte setzen. In jedem Fall wird die visuelle Dimension durch Ton erweitert und zuweilen sogar erst zum Leben erweckt - etwa bei der Verwendung von Archivmaterial, Found Footage oder Fotografien.
Mit unserem diesjährigen Motto „Der gute Ton“ möchten wir uns all diesen Klangräumen widmen und im audiovisuellen Zusammenspiel des Dokumentarfilms den Fokus auf die Tonebene legen. In diesem Jahr zeigen wir Filme, die hier unkonventionelle Wege gehen, die mit und von Klängen und Musik erzählen, die die Bildebene mittels der Tongestaltung in besonderer Weise aufladen.
Filmprogramm 2022
Preisträgerfilme 2022
Im Rahmen der Preisverleihung 2022 vergab unsere Jury, bestehend aus Astrid Bayer, Gabriele Mathes und Marc Parisotto, folgende Preise:
Nonfiktionale-Preis der Stadt Bad Aibling
Den mit 2.000,- Euro dotierten Nonfiktionale-Preis der Stadt Bad Aibling erhielt Rebecca Zehr für ihren Film
A Sound of my Own
Begründung der Jury:
Ein Raum voller Kisten und Akten, das Chaos eines Künstlerlebens, das Vermächtnis des Vaters. Wovon verabschiedet man sich um eigenes schaffen zu können? Die Filmemacherin Rebecca Zehr begleitet ihre Protagonistin Marja Burchard auf deren Weg zu einem eigenen musikalischen Ausdruck. Maja hat sich entschieden die Band ihres Vaters weiter zu führen. Die Regisseurin erschafft Bild und Klangwelten mit großer Spielfreude und Erfindungsreichtum. Der Film „a sound of my own“ ist eine Reise durch Zeit und Raum, eine Komposition von Bilder und Tönen, die die innere Energie der Protagonistin erlebbar macht. Wir gratulieren Rebecca Zehr zum Nonfiktionale Preis der Stadt Bad Aibling.
Kurzfilmpreis der Gruppe 3
Der von der Gruppe 3 gestiftete Sachpreis in Form eines ausgesuchten Tonequipments ging an Bernhard Hetzenauer und seinen Film
Wann habe ich aufgehört, Dir meine Träume zu erzählen
Begründung der Jury:
Reduktion, Einfachheit, Immersion. Eine wahrhaftige Geschichte, auf die dankbar reduzierteste Weise erzählt. Die körnigen, teilweise unscharfen Schwarzweißbilder lassen Zeit und Raum für eigene Gedanken, eigene Bilder im Kopf. Auch der Ton ist reduziert und doch präzise. Das harte, maschinelle Geräusch des Diaprojektors spricht von der Unausweichlichkeit des Todes, nur eine feine Melodie erinnert an die Liebe zum Leben, das vergeht. Ein Film, der auch 15 Jahre nach seiner Entstehung, nichts von seiner Aussagekraft eingebüßt hat. Wir gratulieren Bernhard Hetzenauer zum Kurzfilmpreis.
Lobende Erwähnung
Step across the border
von Nicolas Humbert und Werner Penzel wurde von der Jury mit einer lobenden Erwähnung gewürdigt.
Bürgerpreis
Der mit 500 Euro dotierte Bürgerpreis wurde von der Schülerjury betehend aus Cora Promberger und Emelie Vogginger verliehen. Er ging an den Film
F32.2
von Annelie Boros.
Begründung der Jury:
Was der Protagonistin Vera passiert ist, ist etwas, womit die meisten von uns auf die eine oder andere Art schon mal konfrontiert worden sind. Dass das Thema der Depression aber schonungslos aus erster Hand übermittelt wird, ist etwas durch und durch besonderes. Der innere Monolog und der Briefwechsel fesseln und geben einen Einblick in die Gefühlswelt der Betroffenen sowie der Angehörigen. Durch die Interviews mit den Experten erlangt der Film eine andere Realitätsdimension. Beeindruckt hat uns auch die Metaphorik der Bilder. Das Werk hat uns lange beschäftigt und unvergleichliche Emotionen geweckt. Aus diesem Grund gewinnt F 32.2 den Bürgerpreis.
Wir gratulieren den Preisträgerinnen und Preisträgern ganz herzlich!!
Jury 2022
Astrid Beyer
kuratiert seit 10 Jahren den Branchentreff DOKVILLE vom Haus des Dokumentarfilms (HDF) in Stuttgart. Nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Amerikanistik in Tübingen und den USA arbeitete sie als freiberufliche Journalistin für TV und Industrie sowie als Ausstellungsgestalterin mit Schwerpunkt Medieninstallationen. Mitaufbau beim Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Über mehrere Jahre Langinterviews mit Zeitzeugen für diverse Museen. Seit 2017 in der Vorauswahl-Jury für den Deutschen Dokumentarfilmpreis.
Gabriele Mathes
geboren in Wels. Regiestudium an der Filmakademie Wien bei Axel Corti und Peter Patzak sowie Studium der Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Seit 2005 im Vorstand des Drehbuchforum Wien. 2006-2020 Leitung des Jugendfilmfestivals „video&filmtage“ in Wien. 2013 wurde sie mit dem „outstanding artists award“ für Experimentalfilm, verliehen vom Bundeskanzleramt, ausgezeichnet. Seit 2020 Mitglied des Filmbeirats des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKOES). Arbeitet als Filmemacherin, Dramaturgin und Drehbuchautorin.
Marc Parisotto
in Marseille geboren. Nach dem Studium für Elektroakustische Musik im Conservatoire de Musique de Marseille 1981 nach München ausgewandert. Dort war er bei diversen Off-Theatern für Technik und Musik zuständig und komponierte eigene Sound Performances. Eines Tages rief der arrivierte Tonmeister Manfred Bannach, auf der Suche nach einem Tonfreak, an. Das war die Kneipennacht der Entscheidung für den Filmton. Ab 1988 Arbeiten als Film-Tonmeister mit Regisseuren wie Michael Haneke, Hans Christian Schmidt, Philip Gröning, Edgar Reitz, u.v.a. sowie später auch als Sound Designer. Für die beste Tongestaltung erhielt er 2006 den Bundesfilmpreis („Requiem“) und 2010 den Österreichischen Filmpreis („Der Räuber“).
Nonfiktionale meets Bergwerk 2022
GRANDMOTHERS & SYNTHESIZERS
D 2021
Vier ältere Damen und Herren – Gertraud Möhner, Tufan Aydoğan, Katharina Fischer und Tim Davies – singen ihre Lieblingslieder. Diese werden unter Anleitung von Manu Rzytki im Studio aufgenommen und anschließend von Synthesizern begleitet. Wenn dann die Sänger*innen, von Anna McCarthy und Anton Kaun gefilmt, ihre eigenen Lieder per Playback abermals aufführen, verschmelzen die Grandmothers (& Grandfathers) mit den Synthesizers zu ganz besonderen Porträts.
Musik / Gesangsaufnahmen: Manu Rzytki
Video: Anna McCarthy & Anton Kaun
Sänger*innen: Gertraud Möhner, Katharina Fischer, Tim Davies, Tufan Aydoğan
Musiker*innen: Manu Rzytki, Salewski, Erol Dizdar, Zoro Babel, Tom Wu
JiMs Bergwerk
Rosenheimer Str. 15A
83043 Bad Aibling
Freitag, 1. Juli 2022
20 Uhr bis 1 Uhr
Eintritt frei
Impressionen 2022
Preisverleihung
alle Bilder © Samuel Grotmann